NFC vs iBeacon: Die Shopping-Revolution?

Fast still und heimlich hat Apple bereits im Sommer 2013 ein Feature mit Revolutionspotential eingeführt: iBeacon.

Genau genommen handelt es sich gar nicht um eine Apple Technologie, sondern um ein Feature, das schlicht auf Bluetooth Low Energy (BLE) basiert, wodurch das Smartphone mit speziellen Funkchips, den Beacons, kommunizieren kann. Diese Beacons können in Shops, Kaffeehäusern oder anderen Locations verteilt werden  – ähnlich NFC – und machen damit eine Vielzahl von Micro-Location-Services möglich.

Was bringt iBeacon?

Mit iBeacons ist es zum Beispiel möglich, sich in einer Shopping-Mall den Weg anzeigen zu lassen (GPS funktioniert in Gebäuden bekanntlich kaum), maßgeschneiderte Werbung angezeigt zu bekommen oder Coupons einzulösen. Und vor allem: Mit dem Smartphone zu bezahlen.

Dass Apple gerade im großen Mobile Payment Geschäft eine Rolle spielen möchte, dürfte klar sein. Die Passbook-App und der mit dem iPhone 5S eingeführte Fingerabdruck-Sensor sind unverkennbare Vorboten. Und mit den über 600 Millionen iTunes Accounts, die natürlich meist mit Kreditkartendaten verbunden sind, verfügt Apple über die besten Voraussetzungen in diesem Bereich. Und nun könnte es sogar ohne NFC gehen – mehr dazu unten.

Kann Apple jedenfalls Mobile Payment mit anderen praktischen Diensten wie maßgeschneiderter Werbung am Smartphone oder Indoor-Navigation verbinden, eröffnet sich ein höchst spannendes neues Spielfeld für den Technologieriesen – und uns Komsumenten.

Eine neue Marketingwelt erschließt sich

Apple selbst setzt iBeacons in seinen US-Stores seit Ende 2013 ein und zeigt dabei, was alles möglich ist. So können Kunden sich zum Beispiel zusätzliche Informationen zu einem Produkt, vor dem sie gerade stehen, auf dem Smartphone anzeigen lassen oder sich automatisch darüber informieren lassen, zu welchen Konditionen sie ein Upgrade erhalten könnten.

Gerade hat auch die amerikanische Baseball-League (MLB) ein iBeacon Experiment gestartet und erste Stadien mit den kleinen Chips ausgestattet. Kombiniert mit einer App werden Fans beim Eintreten am Smartphone begrüßt, bekommen Hinweise auf besondere Angebote wenn sie am Hotdog-Stand vorbeigehen oder können sich zu ihrem Platz navigieren lassen. (Update: Die MLB hat inzwischen weitere Stadien in den USA mit iBeacons ausgestattet.)

Man kann sich also gut vorstellen, wie und wo iBeacons noch überall zum Einsatz kommen werden. Shops können ganz einfach ihre eigenen „iBeacon regions“ schaffen, in die man eintritt sobald man in das Geschäft kommt.

Endlich rückt damit der lang gehegte Traum von Marketingexperten in Greifweite, Micro-Location Based Werbung maßgeschneidert anzubieten – sowohl auf dem Smartphone des Kunden selbst, als auch auf interaktiven Werbe-Bildschirmen, die wissen, wer gerade vorbei geht.

Vor allem bedeutet iBeacon eine riesige Chance für klassische Retailer, die bisher gegenüber Amazon & Co vergleichsweise wenig Informationen über ihre Kunden und deren Kaufgewohnheiten hatten.

Was das alles für den Datenschutz bedeutet ist natürlich eine andere Debatte.

Ist iBeacon der NFC-Killer?

Nun stellt sich natürlich die Frage, ob iBeacon den Tod für NFC bedeuten wird, wie manche meinen. Gerade scheint ja NFC endlich Fuß zu fassen, selbst in Europa, wie etwa der flächendeckende Rollout von NFC-Bankomatkarten in Österreich zeigt.

Experten, die schon jetzt auf iBeacon setzen, weisen jedenfalls auf die gewaltigen Vorteile der neuen Technologie gegenüber NFC hin: „iBeacon doesn’t require the user to do anything proactive. The problem with NFC is you have to be right up on it. It’s not always a case of scanning a QR code, but you do have to get in proximity to this thing and touch it or come close.“

Wir dürfen nun vielleicht endlich verstehen, warum Apple nicht schon längst NFC-Chips in seine iPhones eingebaut hat. Schon seit mindestens zwei iPhone-Generationen warten ja Technikfreaks auf der ganzen Welt darauf. Doch während NFC in Smartphones von Samsung und Co längst zum Standard gehört, hat sich Apple bisher nicht dazu herabgelassen.

Mit der Einführung von iBeacon werden NFC-Chips jedoch möglicherweise tatsächlich obsolet. Denn Bluetooth ist in jedem Smartphone vorhanden und iBeacons haben vor allem den Vorteil, dass sie nicht nur in 20 cm Nähe funktionieren, sondern bis zu einer Entfernung von 50 m.

Zugegeben, könnte genau das auch ein Nachteil für iBeacon gerade im Mobile Payment sein. Lange hat es gedauert, bis Konsumenten angefangen haben die Furcht vor drahtloser NFC Bezahlung abzulegen. Die Möglichkeit, dass auch aus 50 Metern Entfernung theoretisch etwas von meinem Smartphone abgebucht werden könnte, wird allerdings viele vorerst skeptisch machen.

Dass iBeacon sich durchsetzen wird, ist aus meiner Sicht ziemlich sicher. Vor allem, dass bereits auch Android Smartphones mit iBeacon funktionieren und der Standard damit nicht nur auf Apple begrenzt ist, könnte der neuen Technologie zum Durchbruch verhelfen.

Zugleich spricht aber auch vieles – wie etwa ein kürzlich eingereichtes Patent – dafür, dass Apple doch noch auf NFC setzt. So reißen die Gerüchte nicht ab, dass es im nächsten iPhone doch endlich einen NFC-Chip geben wird.

Es ist jedenfalls durchaus vorstellbar, dass die beiden Technologien komplementär bestehen und sich ergänzen werden – jede mit ihren besonderen Stärken.

Mehr als eine Shopping-Revolution

Egal ob NFC im Keim erstickt wird oder sich beide Technologien parallel entwickeln, eines ist klar: Es ergeben sich zukünftig gewaltige neue Chancen für Werbung und andere Micro-Location-Based Services.

Mit Apples Marktmacht und den vielen Vorteilen, die das System den Endnutzern bringt, könnte sich iBeacon relativ rasch durchsetzen. Und damit nicht nur die Shopping-Welt revolutionieren, sondern vom Flughafen bis zum Museum jeden Bereich, der von Micro-Location-Based Services profitieren kann.

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