Betrachtet man die Expertenmeinungen zum Thema Leadership der letzten Jahre und Jahrzehnte, so ist ein Trend schon lange spürbar: Flachere Hierarchien, mehr Bottom-Up als Top-Down, ja selbst „Servant Leadership“ wurde hip.
Doch nichts hat die Art Unternehmen zu führen so verändert wie Social Media. Hat? Genau genommen befinden wir uns gerade mitten in diesem Prozess, viele Unternehmen und Organisationen haben dies nur noch nicht begriffen.
Es ist fast immer das gleiche Spiel: Unternehmen erkennen, dass dieses „Social Media Ding“ doch mehr als ein Hype ist und dass sie reagieren müssen. Eine Facebook Seite oder so ähnlich muss her.
Doch dann kommt die nächste erschreckende Erkenntnis. User können auf „meiner“ Facebook Page – auch kritisches! – posten. Sie können öffentlich lesbare Tweets an meinen Twitter Account senden. Und selbst wenn ich versuche Kritik zu unterbinden – bzw. gerade dann – machen sie einfach weiter, meist auf einer Unzahl verschiedener Plattformen!
Noch schlimmer: Sogar meine Mitarbeiter können heutzutage der ganzen Welt etwas über mein Unternehmen erzählen. Die gute alte Ordnung, in der ein Unternehmenssprecher der einzige war, der für das Unternehmen sprechen konnte existiert nicht mehr.
Die Reaktion darauf: Panik. Regelwerke. Und verzweifelte Versuche, alt hergebrachte Kommunikationsmechanismen in einer veränderten Realität anzuwenden.Dass das nicht funktioniert ist nicht erst seit dem Nestlé Desaster bekannt.
Was bedeutet das nun für Führungskräfte? Zu allererst müssen sie verstehen lernen, dass die alte, einseitige Kommunikationsordnung nicht mehr funktioniert. „Brand Managment“ war gestern. Marken werden nicht mehr durch perfekt gestylte Massenkommunikation definiert, sondern durch User. John Sadowsky, Business Coach und Storytelling Experte bringt es auf den Punkt: „A brand today is defined by the stories the community tells about it.“
Anstatt dies als Tragik zu sehen, müssen sie die Möglichkeiten die damit einhergehen nutzen lernen. Es geht darum, Moderator und Begleiter der Community zu sein, welche die Marke definiert. Community Management statt Brand Management. Unternehmen, die ihre Kunden und anderen Stakeholder ernst nehmen, sie als wirkliche „Fans“ und „Friends“ betrachten, anstatt als Konsumenten, werden die Früchte davon ernten.
Statt Regelwerke für Mitarbeiter aufzubauen geht es darum, sie zu befähigen, zu schulen und darin anzuleiten positive Multiplikatoren für das Unternehmen zu sein. Dass Mitarbeiter die wichtigsten Aushängeschilder eines Unternehmens sind, ist nichts neues. Doch mit den neuen Kommunikationsmöglichkeiten bekommt dieser Umstand eine völlig neue Dimension. Social Media Governance ist das Wort der Stunde.
Plötzlich werden meine Mitarbeiter und sogar meine Kunden zu „Advocats“, zu Führsprechern, die unbezahlbar glaubwürdiger sind als jede Werbebotschaft.
Loslassen bedeutet dabei nicht, jegliche Richtung, jegliche Strategie aufzugeben, im Gegenteil. Es bedeutet vielmehr strategisches Denken flexiblen Bedingungen anzupassen, moderierend zu leiten, ehrlich zu sein, Menschen zu vertrauen und sie so zu motivieren. Pull statt push. Jessica Stephens von Filofax nennt es „taking controle by letting go“. Schlussendlich geht es darum, durch Loslassen die neuen kommunikativen Rahmenbedingungen als noch nie dagewesene Chance zu begreifen.
Mehr zum Thema Social Media Governance auch in meinem Beitrag am Virtual Identity Blog.